„Süsse Hoffnung auf eine frohe Zukunft“ – Langenthal freut sich über den Sturz des Alten Bern
Die Langenthaler Elite freute sich über den Sturz der aristokratischen Regierung in Bern. Die Intellektuellen, die politisch Aufgeklärten , die Handels- und Gewerbetreibenden aber auch die Güterbauern erhofften durch das neue Regiment für das Dorf einen wirtschaftlichen, geistigen und politischen Fortschritt. Johann Friedrich Mumenthaler, den Schreiber der Munizipalität oder Landarzt Andreas Dennler begeisterte der Siegenszug der menschlichen Vernunft. Die Euphorie übertrug sich auch auf die damals 408 Langenthaler Männer zwischen 20 und 70 Jahren, die während einer Feier den Eid auf die neue helvetische Verfassung zu leisten hatten. Diese wickelte sich in den meisten Ortschaften nach dem gleichen Muster ab.
Der Staat schrieb das Festprogramm genau vor. Die patriotischen Beamten und die französischen Bajonette sorgten dafür, dass die Anweisungen genau befolgt wurden. Der Langenthaler Gerichtsschreiber Desgouttes beschrieb das zweitägige Geschehen ausführlich.
„Am Vorabend (für Langenthal wie für die meisten Agentschaften des Oberaargaus war dies der 16. August 1798) wurde um 6 Uhr unter dem Geläute aller Glocken der 30 Schuh hohe Freiheitsbaum gepflanzt; er war mit einem großen Bild Wilhelm Tells, einem Hahn, einem Freiheitshut und vier Fahnen in den Nationalfarben geschmückt. Den eigentlichen Festtag leiteten im Morgengrauen 18 Kanonenschüsse ein (wohl zu Ehren der damaligen 18 Kantone). Um 7 Uhr setzte sich, wiederum unter Geschützdonner und Glockengeläute, der Zug zur Kirche in Bewegung. Er bestand aus einer Musikbande, aus Knaben mit Nationalfahnen, aus Mädchen, die Schweizerlieder sangen und Triumphbögen schwenkten, und den Behörden. Im Gotteshaus hielt der Bürger Religionslehrer eine patriotische Predigt. Dann begab man sich zum Festplatz, wo der Bürger Statthalter auf einer Tribüne beim Freiheitsbaum zur Munizipalität sprach. Es erfolgte nun nach Namensaufruf die gemeinsame Eidesleistung, der eine unzählige Volksmenge und eben angekommene [!] französische Militärs beiwohnten. Die Eidesformel lautete: «Wir schwören, dem Vaterlande zu dienen und der Sache der Freiheit und Gleichheit als gute und getreue Bürger, mit aller Pünktlichkeit und allem Eifer, so wir vermögen, und mit einem gerechten Haß gegen die Anarchie und Zügellosigkeit anzuhangen». Das Mittagsmahl gab Gelegenheit zu Trinksprüchen auf das Wohl der helvetischen Republik. Den Armen teilte man Brot und Geld aus. Die Feier schloß mit Belustigungen und einem Tanz um den Freiheitsbaum. Und jedermann kehrte voll der süßesten Hoffnung auf eine frohe Zukunft in seine stille häusliche Wohnung zurück“.
Weiterführende Literatur
- Max Jufer: Der Oberaargau in der Helvetik, 1798-1803,in Jahrbuch des Oberaargau, 1970, S. 99 ff.
- Simon Kuert: Roggwiler im Wandel der Zeit. Chronik, S.383 ff.
Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.