Spychiger Arnold, Industrieller, Nationalrat
Arnold Spychiger wurde am 15. Januar 1869 in Langenthal geboren. Er starb am 27. Dezember 1938 kurz vor seinem 70. Geburtstag. Der in Untersteckholz heimatberechtigte Arnold war der Sohn des Siegfried Spychiger (gest. 1892), des Direktors der Holzimprägnierungsanstalt in Langenthal. Arnold Spychiger verheiratete sich mit Anna Maria Jacobea Francesca Friedlin von Zug. Sie gebar ihm 1895 die Tochter Hedwig und 1901 den Sohn Arnold. Der Vater Siegfried hatte 1886 vom Pariser Industriellen Charles Avril die gegenüber dem Bahnhof im so genannten "Ländli Gosen" liegende Fabrik übernommen.
Arnold besuchte die Schulen in Langenthal, dann die Ecole Industrielle in Neuenburg und schliesslich 1886 die Realschule in Basel, wo er 1888 die Matura ablegte. Nach der Matura studierte er an der Bauabteilung des Technikums Winterthur und holte dort das Diplom. Nach dem Tod des Vaters übernahm Arnold bereits 1892 das väterliche Geschäft. Er verlegte es 1900 vom Bahnhof auf ein Grundstück bei der Ziegelei. Der Betrieb beschäftigte bereits 30 Mitarbeiter. Arnold gliederte der Holzimprägnierungsfabrik bald eine Holzwollefabrik an und übernahm zugleich die in Dennli bestehende Ziegelei.
Arnold Spychiger war 1906 schliesslich die treibende Kraft bei der Gründung der Porzellanfabrik in Langenthal. Arnold hatte auf Reisen vor allem in Böhmen neue Technologien der Geschirrproduktion studiert und motivierte zahlreiche böhmische Handwerker, ihr Wissen dem Aufbau der Porzellanfabrik Langenthal zur Verfügung zu stellen. Bald arbeiteten 150 Arbeiter in Langenthal, darunter viele Ausländer. Diesen mussten Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Arnold Spychiger gründete eine Gesellschaft für billigen Wohnungsbau. Die Porzellanindustrie brauchte viel Energie - geistige, aber auch materielle. Arnold betätigte sich als Verwaltungsrat des neuen EW Wynau und initiierte die Überführung deren Aktien in den Besitz der Gemeinden. Arnold Spychiger betätigte sich auch im Bankenwesen. Er war von 1906-1938 Komiteemitglied (Verwaltungsrat) der Kantonalbank von Bern, er initiierte das Kantonalbankgebäude beim Bahnhof, welches 1906 eingeweiht worden war. Später wollte man Arnold gar als Direktor der Schweizerischen Nationalbank berufen. Der Langenthaler Industrielle winkte ab: Ihm würden die finanzpolitischen Voraussetzungen für diesen höchsten Bankposten fehlen. Das war allerdings zu bescheiden, denn Arnold Spychiger hatte sich als Nationalrat während sechs Jahren in der nationalen Finanzkommission profiliert.
Arnold Spychiger hat für die Gemeinde Langenthal Bewundernswertes geleistet. 1915 gründete er die Kinderkrippe und veranlasste die Bildung einer Flurgenossenschaft von 20 Landbesitzern im Kreuzfeld. Er liess das Gebiet kartieren, auf dem die eigentliche Schulstadt "Kreuzfeld" entstand. Spychiger schreibt über seine Beschäftigung in der Gemeinde:
"Meine Betätigung in der Gemeinde: Zweimal im Gemeinderat, in der Geschäftsprüfungskommission, Präsident der Licht-Kraft- und Wasserkommission. Wir haben eine Werkstatt gebaut und die Buchhaltung richtete ich selber ein. Wir erstellten ein neues Gaswerk. Ich sitze in der Kadettenkommission, der Baukommission, der Kommission für den Schulhausbau, bin Mitglied der kantonalen Schulsynode, weil Präsident der Primarschulkommission. Wir haben eine Ferienversorgung gegründet und ein neues Ferienheim erstellt, dazu bei Privaten Geld gefunden. Ferner führte ich den Handfertigkeitsunterricht ein und leitete die Kochkurse."
Daneben war Arnold Spychiger von 1902-1913 im Grossen Rat tätig und in den Jahren 1922-1931 im Nationalrat. Arnold Spychiger betätigte sich weiter auch militärisch. Mit 27 Jahren war er damals einer der jüngsten Einheitskommandanten, er kommandierte als Major das Emmentaler Bataillon 39 und schliesslich als Oberstleutnant das Inf Rgt 34. Im Ersten Weltkrieg schliesslich leitete er als Oberst den Territorialdienst und war die rechte Hand des damaligen Bundesrates Camille Decoppet (1862-1925), welcher von 1914-1919 dem Militärdepartement vorstand.
Nach seinem Tod am 27. Dezember 1938 wurde Arnold Spychiger in allen Schweizer Zeitungen als wichtige nationale Persönlichkeit gewürdigt. Wir führen als Beispiel die Würdigung im St. Galler Tagblatt vom 3. Januar 1939 an:
"Arnold Spychiger war ein glühender Patriot. Als Militär diente er bei der Infanterie und brachte es bis zum Obersten. Dem Schützenwesen als Hort vaterländischen Geistes blieb er immer eng verbunden. Trotz der ausgesprochenen Begabung als Industrieller war er kein einseitiger Charakter. Gütiges Wesen macht aus ihm einen Menschenfreund, und er half seinen Mitbürgern, wo er nur konnte. Er förderte tatkräftig soziale und gemeinnützige Einrichtungen mit Rat und Tat. Er verkörperte den so edlen Typ des schweizerischen Unternehmers, der sich nicht erhaben über die Untergebenen stellte, sondern in ihnen gleichgestellte Menschen sah, denen der Tüchtige zu dienen hat."
Dieser Text wurde vom ehemaligen Langenthaler Stadtchronisten Simon Kuert zusammengestellt.