Im ersten Weltkrieg

1914 - 1918

Während des ersten Weltkriegs vertrat der Langenthaler Chefarzt Emil August Rikli Langenthal im Nationalrat (vgl. seine Biographie unter Langenthaler Persönlichkeiten). An seiner Biographie spiegeln sich die Spannungen und Krisen in Langenthal während der Zeit des ersten Weltkrieges.

Auf der einen Seite hatte sich im Ort infolge der Industrialisierung um die Jahrhundertwende eine starke Arbeiterbewegung entwickelt. Als Grütlianer vertrat Rikli deren Anliegen namentlich in der Sozial- und Gesundheitspolitik. Das war nötig, denn die eidgenössische Sozialpolitik hatte während dem ersten Weltkrieg weitgehend versagt. Bei Kriegsausbruch wurde das Fabrikgesetz ausser Kraft gesetzt. Der Militärdienst und Entlassungen brachten die arbeitende Bevölkerung rasch in eine Notlage. Zudem führte auch Hunger und vor allem die Tuberkulose zum Leiden breiter Bevölkerungsteile. In diesen Bereichen engagierte sich Rikli im Nationalrat.

In Riklis Biographie spiegeln sich auch die friedenspolitischen Spannungen zwischen der Sozialdemokratie und der offiziellen Sicherheitspolitik im ersten Weltkrieg. Angesichts des Tötens auf Europas Schlachtfeldern, vor allem an der Westfront (Deutschland, Frankreich) traten Grütlianer und Sozialdemokraten zunehmend armeekritisch auf, Rikli aber setzte sich als Oberfeldarzt für eine starke Armee ein. Zudem wandte er sich auch gegen den Landesstreik von 1918. Er half mit, die sozialen Spannungen, die sich auch in Langenthal in verschiedenen Streiks zu entladen drohten, auszugleichen. Es kam in der Region während dem Generalstreik nur vereinzelt zu Arbeitsniederlegungen, so etwa im Elektrizitätswerk Wynau.

Die während der Kriegszeit aufkommenden sozialen Spannungen und Krisen versuchte auch der amtierende Gemeindepräsident Jakob Meyer, Notar von Schoren und Grossrat, in den Griff zu bekommen. Er arbeitete in den Kriegsjahren an einer neuen Gemeindeordnung. Sie wurde 1917/ 1918 vorbereitet, konnte infolge der Grippeepidemie (Versammlungsverbot) aber erst 1919 in Kraft treten. Die neue Gemeindeverfassung sah ein Palament vor. Dieses vereinigte in der Folge die verschiedenen Gestaltungskräfte im Dorf und bot ein Forum für den offenen Diskurs.

Das wichtigste Projekt im Dorf während dem ersten Weltkrieg war die Planung und der Bau des Langenthaler Stadttheaters (1914-1916). Daneben hält der Chronist (Riser, 1932) für die Jahre 1914-18 in Langenthal zwei weitere Ereignisse für erwähnenswert:
1914: Bau der Kinderkrippe durch Hector Egger und Gründung des Krippenvereins
1917: Die letzte Post mit Pferdebespannung fährt am 5. Oktober von Langenthal nach Melchnau-Reisiswil.


Hinweis:
Bisher hat sich die Lokalgeschichte den Ereignissen im Dorf während dem ersten Weltkrieg kaum angenommen, weder im Jahrbuch noch in den Heimatblättern sind entsprechende Arbeiten zu finden.


Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.