Das grosse Theater und die kleine Stadt. Kultur in Langenthal.
Als im 19. Jahrhundert die Vereinskultur aufkam, gehörte das Theaterspiel dazu. Die Langenthaler Vereine pflegten es in der 1865 erbauten Markthalle auf dem Zentralplatz (heute Dästerplatz). Im unfreundlichen Saal des ersten Stocks befand sich eine kleine Bühne.
Nach der Jahrhundertwende suchten die Vereine nach einer neuen Lösung. Es war für sie ein Glücksfall, dass der am 24. Dezember 1909 in Zürich verstorbene Stadtbaumeister Arnold Geiser (1844-1909), seinen Heimatort Langenthal als Haupterbin seiner Hinterlassenschaft einsetzte. Im Testament hielt er fest, dass rund 100'000.- Franken zinstragend in einen Fonds für den Bau eines Konzert- und Theatersaales angelegt werden sollen. Der Bau müsse innerhalb von fünf Jahren nach seinem Ableben realisiert werden. Die eingesetzte Theaterbaukommission sah zunächst den Standort der Zentralmarkthalle vor, prüfte aber weitere Standorte. Am 18. Juli 1913 bestimmte die Gemeindeversammlung den heutigen Standort an der Aarwangenstrasse. Nun mischten sich auch noch die Vereine ein, namentlich der Männerchor verlangte im Theater einen Übungssaal. Die Zeit wurde knapp, um Geisers Bedingungen einzuhalten. Sieben Wochen vor Ablauf der Frist bewilligte die Gemeindeversammmlung den Bau des heutigen Theaters, mit 440 Sitzplätzen. Die Architekten Keiser und Bracher hatten einen Projektwettbewerb gewonnen und durften das heutige „Stadttheater“ realisieren. Die Baukosten betrugen rund 420'000 Franken. Am 17. Dezember 1916 – sieben Jahre nach dem Tod des Initianten – konnte der Bau mit einem Festkonzert sämtlicher Gesangsvereine, der Harmonie (heute Stadtmusik) und dem verstärkten Orchesterverein eingeweiht werden.
Das kleine Langenthal hatte mit seinen damals rund 6'000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ein für die Zeit bemerkenswertes und in der ganzen Schweiz bewundertes Werk geschaffen. Die neu gegründete literarisch-dramatische Gesellschaft setzte sich zum Ziel auf der Bühne des neuen Theaters auch grosse Werke der Weltliteratur (Nathan der Weise, Wilhelm Tell u.v.m.) zu inszenieren.
Weiterführende Literatur
Eugen Kohler: Zur Baugeschichte des Theaters Langenthal. Langenthaler Heimatblätter 1935
Dieser Text wurde von Langenthals ehemaligem Stadtchronisten Simon Kuert verfasst.
Bild:
Theater, erbaut 1914-1916