Langhoff Hans Martin, Pfr. Dr. iur.
Während des 2. Weltkrieges schrieb der deutsche Jurist und Pfarrer, Hans Martin Langhoff, in Langenthal Geschichte. Er wurde am 18. August 1890 in Hamburg als Sohn einer Hamburger Kaufmannsfamilie geboren. Der Grossvater väterlicherseits war Lehrer am Lehrerseminar in Seegeberg und bis 1864 dänischer Staatsbürger. Zudem war er praktizierender Jude. Langhoffs Vater konvertierte später und liess die Kinder im christlichen Glauben erziehen, allerdings ohne sie zu taufen. Hans Martin liess sich am 2. Februar1915 als Erwachsener in der reformierten Jerusalemkirche in Hamburg auf eigene Entscheidung hin taufen. Der junge Mann studierte in München, Heidelberg, Berlin und Rostock Rechtswissenschaft und promovierte zum Dr. iur. Auch erwarb er das Anwaltspatent und wirkte in Hamburg als Untersuchungsrichter und Mitarbeiter in einer Anwaltspraxis. 1914 heiratete Langhoff in Hamburg seine erste Frau, Elisabeth, geborene Arnold. Mit ihr hatte er eine Tochter, Ingrid, geb. 1915 und einen Sohn, Gerhard, 1923. Die Ehe mit Elisabeth, geb. Arnold wurde am 25. Februar 1929 rechtskräftig geschieden.
1931 heiratete Hans Martin Langhoff seine zweite Frau Anna Maria von Loeben. Sie stammte aus gutem Haus. Der Vater, Ekkehard von Loeben, war bis 1919 Berufssoldat im Range eines Generalmajors. Anna Maria war eine begabte Musikerin, sie wirkte als Konzertpianistin und hat später in Langenthal das Musikleben mitgeprägt.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten zwangen den Anwalt mit jüdischen Wurzeln zur Auswanderung und nicht zuletzt die Verletzungen, die Langhoff im Zusammenhang mit der ersten Ehe zu ertragen hatte, führten ihn zur Aufgabe seines Berufes als Anwalt in Hamburg und zu einem Neubeginn mit dem Theologiestudium an der Universität Bern. Dort legte er im Frühjahr 1936 das erste Examen ab, im Herbst 1937 das zweite Examen. Die Ordination erfolgte im November 1937 nach dem Lernvikariat in der Oberländer Gemeinde Saanen/Gstaad.
Ab 1. Januar 1939 wirkte Langhoff als Jugendpfarrer in der Johanneskirchgemeinde in Bern. Im Herbst 1939 wurde Hans Martin Langhoff zum Bezirkshelfer im Oberaargau (Sitz Langenthal) gewählt. Zugleich übernahm er 1939 eine Hilfspfarrerstelle in Langenthal, weil einer der beiden Pfarrer, Hans Schneeberger als oberster Feldprediger der Schweiz, oft im Militärdienst weilte. Die Hilfspfarrerstelle wurde bis Ende 1945 befristet. Hans Martin Langhoff wurde auch in den sogenannten „Langenthaler Kirchenstreit“ verwickelt. Neben ihm wirkte der fundamentalistische Pfarrer Albert Lüscher, der nach 60-jährigem Wirken von kulturprotestantischen Pfarrherren in Langenthal nun seit 1933 im Dorf predigte und 1942 abgewählt wurde. Lüschers Haltung war mit dem liberalen Gedankengut der grossen Mehrheit des Langenthaler Kirchenvolkes nicht vereinbar. Hans Martin Langhoff schloss sich dem Reformpfarrverein an, das heisst, er fügte sich in den Langenthaler Kulturprotestantismus ein, welcher in der Vereinigung für eine freies Christentum in Langenthal ein festes Standbein hatte. Zudem wusste Langhoff gerade auch aus eigenen Erfahrungen, dass in einer Volkskirche ein Pfarrer alle Menschen mit ihren persönlichen religiösen Biographien zu respektieren hat.
Hans Martin Langhoff wollte sich in Langenthal einbürgern. Der Einbürgerungsprozess gestaltete sich aber schwierig zumal immer wieder Gerüchte über seine Person in der Kirchgemeinde kolportiert wurden. Der auf Albert Lüscher folgende „positive“ Kollege Paul Ernst Bonanomi habe Langhoff vorgeworfen, ein „spionageverdächtiger Ausländer“ zu sein und er habe ihn einen „Juden genannt, der kein Christ sei.“ Man sei sogar so weit gegangen, ihm vorzuwerfen, dass er, während andere Juden in den Konzentrationslagern leiden müssten, er hier ein gutes Leben führen könne. Der Kirchgemeinderat konnte sich bei solchen Vorwürfen nicht einhellig zu einer Einbürgerungsempfehlung durchringen. Zu den genannten Gerüchten kam noch ein Konflikt mit einem Hausvermieter.
Die Akten spiegeln, dass von christlicher Seite immer wider Vorbehalte gegenüber einem Pfarrer mit jüdischen Wurzeln geäussert wurden, auf der andern Seite musste er auch immer wieder antideutschen Reflexen begegnen. Er konnte seine Sprache und seine deutsch-bürgerliche Sozialisation nie verbergen. Am 18. April 1945 zog Langhoff die Einbürgerungsakten zurück. Im Laufe des Sommers 1945 sicherte die Gemeinde Wanzwil (Amt Wangen) Pfarrer Langhoff die Einbürgerung zu. Langhoff wurde Bürger von Wanzwil BE. Nach dem zweiten Weltkrieg überprüfte der Kirchgemeinderat Langenthal die Lage in der Kirchgemeinde, reduzierte das Pensum von Pfarrer Langhoff, weil nun wieder beide Pfarrer voll im Amte wirkten. Dieser behielt die Bezirkshelferstelle (Regionalpfarramt) in Langenthal bis zu seiner Pensionierung 1961. Daneben half er, die kirchliche Eheberatungsstelle aufzubauen und betreute diese dann auch. Hans Martin Langhoff verstarb am 17. April 1977.
Anmerkung
Diese Angaben beruhen auf neu entdeckten Akten im Kirchgemeindearchiv Langenthal, die folgendermassen geordnet werden können:
- Anstellung 1939-1950
- Einbürgerungsstreit Mai 1944-Juli 1945
- Streit um Liegenschaft Bleichestrasse 39 1940 -1945
Dieser Text wurde vom ehemaligen Langenthaler Stadtchronisten Simon Kuert zusammengestellt.